Liebe deinen Körper
Bist Du bereit, Deinem Körper fünf Minuten Deines Lebens zu schenken und ihm voller Achtsamkeit und offenen Herzens zuzuhören?
Der
Körper sagt: "Ich weiß, Du hasst mich, weil ich so dick und unförmig
bin. Du empfindest mich als Last, als Bürde, als Schande. Du glaubst,
ich sei Deine ärgste Feindin.
Die
Wahrheit ist, ich bin Dir so treu, wie niemand sonst. Ich begleite Dich
von Deinem ersten bis zu Deinem letzten Atemzug. Ich kann und werde
Dich niemals verlassen, ich begleite Dich durch alle Höhen und Tiefen
Deines Lebens, durch alle dicken und dünnen Phasen.
Ich
ertrage, dass Du mich bis zur Schmerzgrenze belastest und darüber
hinaus. Ich trage Dich und das Gewicht, dass Du uns Zweien aufbürdest
mit so viel Würde, wie es mir möglich ist. Wenn ich kann, trage ich Dich
bis in den vierten Stock und wieder herunter.
Wenn
ich Dir Schmerzen bereite, so geschieht es nur weil ich keinen anderen
Ausweg sehe, um Dich auf unsere Not aufmerksam zu machen. Wie soll ich
Dich daran hindern, weiterhin wegzuschauen und mich unter Unmengen von
Eis, Schokolade, Pizzas, Leberkäse und fettarmen Frucht-Joghurts zu
begraben? Ich kriege oft kaum noch Luft, mir tun alle Gelenke weh, vor
allem die Knie. Sie schmerzen ganz arg, bei jedem Schritt, den wir
machen.
Ich
mache Dir keinen Vorwurf, ich habe das nie getan. Ich weiß nicht, warum
Du mir derartige Vorwürfe machst. Ich kann nichts für den Zustand, den
wir miteinander teilen müssen.
Ich gäbe etwas darum, wenn Du Dir die Zeit nehmen würdest, hinzuspüren, wie schwer es mir fällt, die Last zu tragen.
Ich
bin von Natur aus sehr beweglich und belastbar. In meinem natürlichen
Zustand kannst Du eine Menge mit mir unternehmen. Ich kann hüpfen,
schnell laufen, Kniebeugen machen und Delphin schwimmen, ich kann Berge
besteigen und ein Pferd reiten. Ich kann weit über dreihundert Stufen
erklimmen. Ich mag Berührungen und Zärtlichkeiten, ich bin voller Erotik
und Leidenschaft. Ich mag Wärmflaschen und Wolldecken im Winter,
Schwimmbäder und Bergwanderungen im Sommer.
Wenn
Du Dich mir zuwendest, sehe ich Deine Verzweiflung, Deine Verachtung
und Deinen Ärger über mich. Ich versuche so viele Kalorien abzubauen,
wie mir irgend möglich ist, doch Du erstickst mich unter immer größeren
Mengen. Ich schlafe schlecht, wenn Du mir den Bauch so voll schlägst.
Morgens fühle ich mich dann erschöpft und wieder reagierst Du mit Ärger
und Abscheu.
Ich weiß nicht, was ich noch tun soll, um Deine Liebe zu gewinnen.
Ich
weiß, dass Du oft traurig bist, manchmal verzweifelt, dass Du unter
Druck stehst, viel Frust hast. Du sagst, es sei meinetwegen, ich sei an
allem Schuld. Stimmt das so? Ich war nicht immer so. Erinnere Dich.
Ich
wüsste tausend tolle Dinge, die wir tun könnten, damit es uns besser
geht. Wir könnten an die frische Luft gehen, wir könnten uns massieren
lassen, wir könnten uns in eine wohlige Badewanne voll mit warmem Wasser
kuscheln, wir könnten zu unserer Lieblingsmusik durchs Wohnzimmer
tanzen, Du könntest mich dabei umarmen. Wir könnten die Natur mit all
ihren Schönheiten gemeinsam genießen.
Ich
habe Liebe und Zuwendung so nötig wie Du. Ich giere nach jeder noch so
winzigen Berührung und Aufmerksamkeit. Ich gäbe etwas darum, wenn Du
mich annehmen könntest, so wie ich bin.
Wir
gehören doch untrennbar zueinander. Ich bin nicht Deine Feindin. Ich
bin und will Dir eine Freundin sein, die treueste, die Du je haben
kannst: Vom ersten bis zum letzten Atemzug.
Ich wünsche mir so sehr, dass Du mich mit Augen voller Liebe, Achtung und Mitgefühl wahrnimmst. "
Hör
nicht auf die äußerst verführerische, weil Soforterfüllung verheißende
Stimme Deines Suchtmonsters. Freunde Dich mit Deinem Körper an, so wie
er ist. Schau, was er aus Liebe zu Dir geleistet hat und noch leistet.
Ihr Zwei könnt ein unschlagbares Team im Kampf gegen das Suchtmonster
werden, mit ihm zusammen findest Du den Weg raus."